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80 Jahre Flughafen Dresden - Ein Rundflug übers Sachsenland vom Spaargebirge bis zur Sächsischen Schweiz im Urlaubsjet der Germania


Von Lars Müller

Ein Flug von knapp anderthalb Stunden lag vor der Fluggästen von Germania ST 2424 am 19. August 2015. Die Boeing 737-700 mit der Kennung D-AGEU startete pünktlich in Dresden zum Rundflug anlässlich des 80. Flughafenjubiläums der sächsischen Landeshauptstadt. Eine sichtlich gut gelaunte Cockpit- und Kabinencrew stimmte die Ausflügler auf ihre nicht alltägliche Tour ein: Meißen - Cottbus - der Brocken im Harz - Leipzig - der Fichtelberg im Erzgebirge sollten die Strecke des Rundflugs markieren, als die Maschine bei strahlendem Sonnenschein und einige Schönwetterwolken auf der Bahn 22 abhob. Kurz hinter dem Autobahndreieck Nossen war die geplante Reiseflughöhe von 2.700 Metern dann auch schon erreicht, als die Boeing in einer Rechtskurve Richtung Meißen steuerte und beim Bauerndörfchen Sörnewitz wieder die Elbe erreichte. Über die Weinberge des Spaargebirges und die Meißner Altstadt hinweg folgte der Rundflug dem Fluss bis Diesbar-Seußlitz. In diesem Sommer hat Germania eine 737 in Dresden stationiert. Vor dem Rundflug absolvierte die Maschine einen Rhodos-Umlauf, danach stand noch Heraklion auf dem Flugplan.

Angenehm für die Reisenden auf dem Rundflug: Die Cockpit-Crew besaß ganz augenscheinlich regionale Kompetenz - und so war eine fundierte Reiseleitung garantiert. Jeden alten Militärflugplatz und jedes Segelflugfeld schienen die Piloten zu kennen. Nach einer scharfen Rechtskurve ging es nun zunächst ostwärts Richtung Cottbus. Die Route verlief über das Lausitzer Seenland, einer künstlich geschaffenen Landschaft aus gefluteten Tagebauen. Über den noch aktiven Braunkohletagebau Weelzow-Süd und am Kraftwerk Schwarze Pumpe vorbei steuerte die Maschine den Spreewald an. Deutlich zu sehen war die einstige Cargolifter-Halle, die heute als Tropical Island Erholung unter Palmen verspricht. Rund 60 Kilometer vor Berlin schließlich ging die D-AGEU auf Westkurs. Wegen der immer dichter werdenden Wolken sank der Jet auf 2.100 Meter Flughöhe.

Gewitter lagen über dem Harz und auch über Leipzig regnete es beständig, sodass sich die Cockpit-Crew in Absprache mit der Flugsicherung zur Rückkehr Richtung Dresden entschloss und noch einen Abstecher über die Sächsische Schweiz plante. Nach wenigen Minuten tauchten das Muldental und die Städte Döbeln und später Riesa an der Elbe auf, am Horizont war der ebenfalls wolkenverhangene Erzgebirgskamm zu erkennen. Über den Tharandter Wald und Freital flog die Maschine nun südwestlich an Dresden vorbei in Richtung Pirna. Schließlich konnten alle links sitzenden Passagiere die Bastei zwischen den markanten Sandstein-Felsen des Elbsandsteingebirges bewundern - wer rechts saß, hatte den Blick auf die Festung Königstein. Nun zog die Maschine noch eine weitere Kurve über die Oberlausitz, in der inzwischen der aus Polen eingewanderte Wolf wieder die Fauna bereichert. An Bautzen vorbei ging es direkt nach Dresden zurück. Allerdings entschloss sich die Cockpit-Crew trotz fortgeschrittener Zeit noch nicht zur Landung. Stattdessen bescherte sie den Gästen des Flughafenfestes und den Paxen an Bord noch einen Überflug des Airports. Über Moritzburg mit dem aus dem Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" bekannten Jagdschloss setzte die Boeing schließlich nach einer Platzrund und gut 500 Streckenkilometern wieder auf der Bahn 22 in Dresden-Klotzsche auf.

Dort feierte der Flughafen das gesamte Wochenende über ein buntes Familienfest anlässlich seines 80-jährigen Bestehens. Im Sommer 1935 starteten und landeten zum ersten Mal Verkehrsflugzeuge am neuen Flughafen in Dresden. In den 1950er Jahren begann die DDR in Dresden-Klotzsche mit dem Aufbau eines eigenen Verkehrsflugzeugbaus. Es entstanden eine 2.500 Meter lange Start- und Landebahn und gewaltige Montagehallen. Der Flugplatz wurde ab 1957 auch wieder für Linien- und Charterflüge genutzt.

Am 4. Dezember 1958 gelang in Dresden der Jungfernflug des ersten deutschen Strahlverkehrsflugzeugs, der hier entwickelten und gebauten "152". Die Arbeiten an diesem engagierten Projekt erlitten bald einen tragischen Rückschlag: Bei seinem zweiten Testflug stürzte der "152"-Prototyp ab, die Besatzung kam ums Leben. Wenig später fiel die Entscheidung, den unrentablen Flugzeugbau wieder einzustellen.

1962 übernahm die Nationale Volksarmee den Flugplatz. Aus dem Flugzeugwerk wurde die Flugzeugwerft Dresden, die sich mit der Instandsetzung militärischen Fluggeräts beschäftigte. Während der Inlandsverkehr 1980 eingestellt wurde, weitete sich das internationale Angebot aus. Ende der 1970er Jahre bot der Flughafen Linienverbindungen zu osteuropäischen Zielen wie Budapest, Moskau, Leningrad, Sofia, Varna, Burgas und Tatry.

Anfang der 1990er Jahre gewann der Flughafen an Bedeutung: Reiseveranstalter offerierten zahlreiche neue Urlaubsangebote, viele Angestellte der Sächsischen Staatsregierung und anderer Verwaltungen pendelten in "Beamten-Shuttles" zwischen den alten Bundesländern und Dresden. Wurden 1990 noch 203.541 Passagiere abgefertigt, war es 1992 bereits mehr als eine Million.

1998 erfolgte die Grundsteinlegung für den größten Ausbau seit den 1950er Jahren: Aus der ehemaligen Montagehalle 219 der Luftfahrtindustrie, einst die größte pfeilerlose Industriehalle der DDR, entstand das neue Terminal mit S-Bahnhof. 2006/07 sanierte Dresden als erster Flughafen Europas seine Start- und Landebahn bei laufendem Betrieb und verlängerte sie auf 2.850 Meter. Für Wartungsarbeiten fliegen inzwischen regelmäßig sogar A380 bei den Elbe Flugzeugwerken ein. Bekannt ist das Unternehmen aber insbesondere für die Umrüstung von Passagierjets zu Frachtmaschinen.

2014 lag das Passagieraufkommen in Dresden bei rund 1,76 Millionen. Da Sachsen weiterhin eher ein Billiglohnland ist, rentieren sich viele Strecken wegen der mangelnden Kaufkraft für die Airlines nicht. Wien, Warschau, Mailand und London beispielsweise sind nach teilweise mehreren Versuche diverser Fluggesellschaften wieder gestrichen worden. Auf dem Flugplan stehen derzeit recht stabil die Direktverbindungen von und nach Frankfurt, München (jeweils Lufthansa), Düsseldorf (airberlin, Germanwings), Köln/Bonn, Stuttgart, Hamburg (jeweils Germanwings), Moskau (Aeroflot), Zürich (Swiss), Barcelona (Vueling) und Basel (Easyjet). Im Charterbereich gibt es Nonstopflüge ans Mittelmeer, auf die Kanaren sowie zu Urlaubszielen am Roten und Schwarze Meer. In der Sommersaison hat Germania die Stationierung einer zweiten Boeing 737 in Dresden angekündigt.

Lars Müller, Stand September 2015


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