Wie weit sind Sie in Ihrem Leben schon geflogen?

  Hamburg International fliegt Angler und                                  Tagesgäste in die Mittsommernacht







Flug-Routing: MUC-EVE-TOS-MUC
Flug-Routing: MUC-EVE-TOS-MUC

Von Lars Müller
München. Antalya, Teneriffa-Süd oder das ungarische Sarmellek nahe dem Balaton stehen regelmäßig in den Dienstplänen von Thomas Mahr (32). Der Dresdner ist Flugbegleiter bei Hamburg International. Im Hochsommer aber fliegen die neun modernen Jets der kleinen Fluggesellschaft im Auftrag des Reiseveranstalters Troll Tours auch in den Norden Skandinaviens. Dann machen Mahr und seine charmanten Kolleginnen die Nacht für ihre Passagiere sprichwörtlich zum Tag, denn nördlich des Polarkreises geht die Sonne in dieser Jahreszeit niemals unter.

4R 6994 Harstadt-Tromsö

Harstad/Evenes und Tromsö stehen auf der Abflugtafel in München. "Tromsö kenne ich schon aus der vergangenen Saison, Evenes noch nicht", sagt der Dresdner. Und so wird es für ihn in seinem dritten Berufsjahr über den Wolken wieder einmal ein Premierenflug. Es ist stockdunkel als der Airbus A 319-100 als letzte Maschine an diesem lauen Juniabend um 22.40 Uhr in München abhebt und auf Kurs Nord eindreht. Der Jet mit der Kennung D-AHIN wurde erst im April an Hamburg International ausgeliefert.

Auf jeden Flug beliebt - Thomas Mahr schenkt Tomatensaft aus
Auf jeden Flug beliebt -
Thomas Mahr schenkt
Tomatensaft aus

"Mit 147 Gästen bleiben nur drei Plätze frei", weiß Mahr aus der Passagierliste. Die Mehrzahl sind naturverbundene Hobbyangler auf der Jagd nach dem Fang ihres Lebens. Lachse und Meeresforellen wollen sie in den nächsten Tagen kiloweise in die mitgebrachten Kühlboxen schichten, die sie samt ihrer Angeln am Sperrgepäckschalter aufgegeben haben. 56 Passagiere jedoch reisen fast ohne Gepäck, sie wollen nur die Mittsommernacht einmal erleben und am nächsten Morgen wieder in München landen. Knapp 100 Euro kostet dieses rund neunstündige Vergnügen.

Auf Meereshöhe an den Fjords ist der Schnee verschwunden.
Auf Meereshöhe an den Fjords ist der Schnee verschwunden.

Mahr und seine drei Kolleginnen in der Kabine haben zunächst jede Menge zu tun: Sobald die Anschnallzeichen aus sind, werden Kissen und Zeitschriften verteilt, der Servicewagen vorbereitet. Noch vor Mitternacht dürfen sich die Gäste auf eine Auswahl kalter Häppchen freuen, alkoholfreie Getränke werden dazu kostenfrei ausgeschenkt. Nach gut zwei Stunden, über Südnorwegen, können Kapitän Stephan Kirner (42) und Erster Offizier Dieter Köppl (36) gerade voraus erstes Morgenrot am Horizont erkennen, die Passagiere merken beim Blick aus den Seitenfenstern davon noch nichts. Doch keine halbe Stunde später geht die Sonne auf, der Airbus rast in 11 000 Metern auf Reiseflughöhe Richtung Norden. Köppl lässt sich von der Luftraumüberwachung die Freigabe zum Fliegen zweier Schleifen geben, über Skandinavien sind mitten in der Nacht kaum andere Maschinen unterwegs. "So sehen auch die Passagiere etwas von der Sonne", sagt Kapitän Kirner, während es immer heller wird. Flugbegleiter Mahr hat endlich eine kurze Pause. Er geht ins Cockpit, macht ein Erinnerungsfoto vom nordischen Sonnenaufgang.

Copilot Dieter Köppl bereitet den Landeanflug auf Tromsö vor.
Copilot Dieter Köppl bereitet den Landeanflug auf Tromsö vor.

Die Uhr zeigt 1 Uhr nachts Mitteleuropäischer Sommerzeit. Mit jeder Meile nach Norden wird es heller. Als die Maschine in die Wolken eintaucht und der Kapitän die Anschnallzeichen aufleuchten lässt, muss der Dresdner Flugbegleiter wieder zurück in die Kabine und alles für die Landung in Harstad/Evenes fertig machen. Der Erste Offizier kontrolliert den Flugweg auf herkömmlichen Landkarten aus Papier, Kapitän Kirner auf einem elektronischen Bildschirm. Es gibt regen Funkverkehr mit den Lotsen. Zwischen letzten Wolkenfetzen taucht links die Piste des Airports auf, die Cockpitcrew steuert von Hand den Jet zur Landung und setzt der Airbus sicher auf dem nassen Asphalt des kleinen Flughafens auf. Inzwischen ist es taghell. Viele Angler steigen aus, nur zwölf zu. Eine halbe Stunde später hebt der Jet Richtung Tromsö ab, wo er 40 Minuten später vom Instrumentenlandesystem automatisch durch die Wolken zur Landebahn geleitet und von der Cockpit-Crew routiniert aufgesetzt wird. Obwohl mächtige Wolken für leichten Regen sorgen, bleibt es hell. Hier am Tor zum Eismeer wird es vom 20. Mai bis 20. Juli gar nicht mehr dunkel.

Rauhes Sommerklima in Nordnorwegen
Rauhes Sommerklima in Nordnorwegen

Die Ramp Agentin, die für die Abfertigung verantwortlich ist, besteht darauf, dass auch alle Rundfluggäste aussteigen. Es ist der erste Flug aus Deutschland in dieser Saison. Im kleinen Transitbereich hat rein zufällig der Duty Free - Shop geöffnet, steuerfreie Spirituosen kosten hier etwa so viel wie in Deutschland mit Steuern. Trotzdem klingelt die Kasse, vor allem die Bayern wollen norwegisches Dosenbier probieren und bunkern Six-Packs. Thomas Mahr hat unter dessen ein Auge auf die Reinigungskolonne im Flugzeug. Als alle Passagiere wieder an Bord sind, hebt die "India-November" - so die letzten Buchstaben der Kennung im internationalen Funkeralphabet - nach München ab. Auf dem Rückflug wird es nicht mehr dunkel, die Maschine wird gegen 7.30 Uhr wieder deutschen Boden erreichen. Da 50 Plätze frei sind, haben Mahr und seine Kolleginnen südwärts nicht mehr ganz so viel Stress. Es bleibt Zeit zum Plaudern.

Vom Hotelgewerbe wechselte der Dresdner 2006 zunächst zur Air Berlin, vergangenes Jahr heuerte er bei der Hamburg International an. Bei der kleinen Airline (322 Mitarbeiter, davon 150 in der Kabine und 74 im Cockpit) gehe es entspannter und persönlicher zu, sagt Mahr. "Außerdem fliegen wir interessante Ziele jenseits der Hauptrouten an", ist der Dresdner begeistert.

Hamburg international - Airbus A319 - D-AHIN
Hamburg international - Airbus A319 - D-AHIN

"Im Winter flog ich ab London einen Tag in die tief verschneite finnische Weihnachtsmannstadt Enontekiö, zwei Tage später nach Banjul ins westafrikanische Gambia, wo die Temperaturen bei über 30 Grad lagen", erzählt der in Crimmitschau aufgewachsene Sachse. "Bei manchen Zielen muss ich schon mal in den Atlas schauen", gibt er zu. Regelmäßig fliegt Hamburg International neben ganz typischen Charterzielen rund um Mittelmeer, Schwarzem Meer und auf den Kanaren auch Aktyubinsk (Kasachstan), Gaziantep (Südosttürkei) oder Sulaymaniya (Nordirak) an. Alle Verbindungen sind Charterflüge im Auftrag von Reiseveranstaltern, Orchestern oder Firmen. "Wir verkaufen aber für viele Strecken freie Einzelplätze", sagt Unternehmenssprecherin Daniela Fiedler (27).

Lars Müller
Die Reportage entstand mit Unterstützung von Troll Tours und Hamburg International. Stand: Juni/2009

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